Eines der Ziele der Gesundheitsreform ist es, die Rate an Spitalsaufenthalten für sogenannte ambulatory care sensitive conditions (ACSC) zu senken, welche in Österreich im internationalen Vergleich relativ hoch ist. ACSC sind Gesundheitszustände, für die nachgewiesen ist, dass Spitalsaufenthalte, die durch sie verursacht sind, durch gute ambulante Versorgung zum Teil vermeidbar sind.
Internationale Evidenz zeigt, dass ACSC-Aufenthalte auf Faktoren des Gesundheitssystems, geo-und demographische Faktoren, sozio-ökonomische Faktoren und den Gesundheitsstatus zurückgeführt werden können. Für Österreich liegen jedoch kaum Untersuchungen vor, die diese Zusammenhänge nachzuweisen versuchen.
In unserer Untersuchung beziehen wir zahlreiche Faktoren in einer multiplen Regression auf die ACSC-Aufnahmeraten mit Daten des Jahres 2010 auf Bezirks-und Versorgungsregionsebene.
Mit Daten auf Bezirksebene zeigt sich, dass die ärztliche Versorgungswirksamkeit im extramuralen Bereich keine signifikanten Effekte auf die gesamten ACSC-Raten der Fondsspitäler eines Bezirks ausübt. Altersstruktur und Geschlechtsverteilung eines Bezirks weisen die erwarteten Einflussrichtungen auf. Zwei Systemindikatoren haben einen signifikanten Einfluss auf die ACSC-Raten: Je höher die Ambulanztätigkeit bzw. je höher der Anteil an 0-Tagesaufenthalten eines Fondsspitals, desto geringer der Anteil an potentiell vermeidbaren Krankenhausaufenthalten. Auch die Bevölkerungsdichte eines Bezirks erweist sich als signifikante Einflussgröße auf ACSC-Raten. Bei den meisten zudem getesteten Einflussgrößen (Bildungs-, Beschäftigungs-und Einkommensvariablen) ist kein signifikanter Effekt festzustellen.
Während sich auf Versorgungsregionsebene einerseits der Einfluss der fachärztlichen Versorgungswirksamkeit weiter als insignifikant erweist, ist in manchen Modellen ein signifikant „positiver“ Einfluss hinsichtlich der allgemeinmedizinischen Versorgungs-wirksamkeit festzustellen. Die Koeffizienten aller anderen Einflussfaktoren weisen dieselben Vorzeichen wie auf Bezirksebene auf, unterscheiden sich jedoch zum Teil nicht signifikant von Null.
Die Modelle zur Erklärung der ACSC-Aufenthalte einzelner Krankheitsgruppen im Bereich der Hypertonie und der Herzinsuffizienz zeigen annähernd idente Ergebnisse im Vergleich zum Gesamtmodell. In den Modellen für die Krankheitsgruppen Angina pectoris, HNO-Infektionen und Osteoporose zeigt sich, dass je höher die allgemeinmedizinische Versorgungswirksamkeit in einem Bezirk, desto niedriger ist der Anteil an potentiell vermeidbaren Krankenhausaufenthalten für diese drei Krankheitsgruppen.
Die Versorgungswirksamkeit im niedergelassenen allgemeinmedizinischen Bereich in Österreich scheint verbesserungswürdig zu sein, da ACSC-Aufenthalte noch nicht ausreichend vermindert werden können. Die Gesundheitsreform wird hier hoffentlich Verbesserungen bringen. Das vorliegende Modell kann dazu dienen, solche Verbesserungen auch zu „messen“.